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{Storytime} Desaster für einen Blogger

{Storytime} Desaster für einen Blogger

Wie jedes Jahr vor Weihnachten schlafe ich nachts nicht. Husten und Schnupfen halten mich wach. Mein Kopf schmerzt und ich spüre jeden meiner Knochen. Abwechselnd ist mir heiß und kalt. Ich fühle mich schwach. Kann mich weder konzentrieren, noch schlafen. Kurzum mir geht es einfach nicht gut. Die Erkältungswelle hat mich voll erwischt und ich bin so froh, dass ich nicht arbeiten muss. Ich habe Urlaub und bin krank. Durchaus gibt es weitaus schönere Gründe, um im Urlaub im Bett zu bleiben, aber es gibt auch Schlimmeres. In maximal einer Woche bin ich wieder fit und kann meinen Urlaub genießen. Die Zeit ist absehbar. Anders als bis vor wenigen Wochen. Kein Arzt konnte mir damals sagen, ab wann ich den Gips wieder los bin und meine Hand belasten darf. Ich hatte mir die Hand gebrochen  –  Ein Alptraum für einen Blogger, der sein Hobby zum Nebenberuf gemacht hat und einen Rollstuhlfahrer, der nun mal seine Hände braucht, um sich fortzubewegen.

Zwischen Hoffen und Bangen

Bereits in der Notaufnahme bekam ich Panik. Ich hatte das Knacken meiner Hand gehört, als ich gefallen bin. Es hörte sich an wie ein kleiner Ast, der auf dem Boden lag und sacht unter dem Gewicht einer Person brach. Meine Hand tat weh. Es war irgendwie auszuhalten, aber sie schwellte innerhalb von Minuten an. Kein gutes Zeichen! Hieß es nicht immer, dass eine Verstauchung mehr Schmerzen bereitete als ein Bruch? Verzweifelt versuchte ich mit der Hand eine Faust zu machen, aber es gelang mir nicht mehr. Mit Schrecken stellte ich fest, dass ich auf einmal gar keine Kontrolle über meine Hand hatte. Sie hing einfach nur noch an mir, wie ein Teil, welches nicht zu mir gehörte. Selbst die gewohnte Anspannung und Verkrampfung der Spastik waren in der Hand nicht mehr zu spüren. Unter anderen Umständen hätte ich dieses entspannte Gefühl vielleicht sogar genossen, aber jetzt machte es mir Angst. Das war nicht normal, denn schließlich war die Spastik jeden Tag meines Lebens rundum die Uhr irgendwie präsent, gerade dann wenn ich Schmerzen hatte und nun war sie wie weggeblasen. War es der Schock? Die Angst? Hatte ich mir einen Nerv eingeklemmt? Oder wollte mich mein Unterbewusstsein damit möglicherweise vor Schlimmerem bewahren? Ich rechnete instinktiv mit Letzterem, dem Allerschlimmsten und sollte Recht behalten: Die Hand war gebrochen! Wäre die Spastik eingeschossen, hätte sich der Bruch durch die unkontrollierte Eigenanspannung der Muskeln womöglich noch verschoben.

Ein Auf und Ab der Gefühle

Die darauffolgende Woche war eine einzige Achterbahn der Gefühle. Jetzt, im Nachhinein, kommt es mir so vor als wäre ich beinah tagtäglich zu Gast in der Notaufnahme gewesen. Als hätte ich das Ticket gezogen, dass keiner haben möchte. Bereits am nächsten Tag hatten die Schwestern schon auf mich gewartet. Ein anderer Arzt hatte sich am Morgen mein Röntgenbild vom gestrigen Abend angesehen und festgestellt, dass sein Kollege noch einen weiteren Bruch übersehen hatte. Einen Bruch, den meine Mutter schon geglaubt hatte, zusehen. Sie hatte den Arzt sogar darauf angesprochen, aber er versicherte uns, dass da nichts weiter wäre. An Stelle eines Bruches, hatte ich also nun doch Zwei. Daraus resultierte, dass ich eine komplett neue Gipsschiene für meine Hand bekam. Diesmal waren nicht nur drei Finger eingegibst, sondern alle vier. Nur noch der Daumen konnte ich bewegen. Und auch das hatte ich irgendwo geahnt: Bereits als ich die Notaufnahme am Abend des Unfalls verlassen hatte, hatte ich zu einer Schwester gesagt, dass ich das Gefühl habe, dass die Schiene nicht richtig ist. Mein Zeigefinger, der bis dahin noch seine Freiheit genoss, fühlte sich komisch an. Jedes Mal, wenn ich ihn bewegte tat irgendetwas in der Hand weh. Damit aber nicht genug. Nun sollte der Bruch doch operiert werden. Aufgrund meiner Spastik wollte man lieber auf  Nummer Sicher gehen. Ein erneutes Röntgenbild wurde nicht gemacht. Das war natürlich ein Schock für mich, aber da ich wusste, wie unberechenbar mein Spastik, sah ich die Notwendigkeit der Operation ein. Um alles weitere zu besprechen, sollte ich am nächsten Tag wieder kommen.

Das tat ich natürlich und traf auf eine neue Ärztin. Diese war inzwischen die dritte Person, die sich meiner Fall annahm. Sie teilte mir in einem kurzem Gespräch zwischen Tür und Angel mit, dass eine Operation nicht nötig sei und man nun abwarten würde, wie sich das Ganze entwickelt. Es hätte sich ja noch nichts verschoben. Sie schickte mich nach Hause. Ich solle in einer Woche zur Kontrolle wieder kommen, direkt in die Notaufnahme und nicht zu einem Facharzt. Selbstverständlich war ich froh darüber. Egal wie klein oder groß, ob Routine oder nicht, bei so einem Eingriff begab man sich schließlich in fremde Hände und hatte Angst danach nicht mehr aufzuwachen. Obwohl ich jetzt aufatmen konnte, begleitete mich die Angst, dass sich die Brüche doch noch verschieben oder gar schon verschoben haben, die ganze Woche über. Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl bei der ganzen Geschichte. Irgendwann hielt ich diese Ungewissheit nicht mehr aus. Ich wollte auf gar keinen Fall länger abwarten und bat meine Mutter mich sofort wieder in die Notaufnahme zu fahren. Bereits als man mir die Gipsschiene, die nur mit einem einfach Verband umgewilligt war, abnahm, sah man das etwas nicht stimmte. Zwei meiner Finger waren bis hin zum Nagelbett blitzeblau und die Hand war noch immer geschwollen.

Behindert = Doof?!

Es stellte sich heraus, dass sich einer der Brüche verschoben hatte. Wieder eine neue Ärztin – mittlerweile die vierte Person mit der ich darüber sprach, teilte mir mit, dass ich nun zwei Möglichkeiten hätte: Ich könnte die Hand operieren lassen oder es so lassen. Viel ändern würde sich an der Beweglichkeit der Hand nichts mehr und ich sitze ja sowieso im Rollstuhl. Das musste ich erst einmal sacken lassen. Gerade weil ich im Rollstuhl sitze, brauche ich doch zwei einsatzfähige Hände. Ich bewegte mich schließlich mit ihnen fort. In gewisser Weise waren meine Hände und Arme also der Ersatz für meine Beine. Außerdem arbeitete ich Büro am PC und war nebenberuflich Blogger. Natürlich wollte ich, die bestmögliche Behandlung für meine Hand. Ich sagte also, dass ich meine Hand dann gerne operieren lassen würde. Als sie mir dann antwortete, dass der frühste Termin für die OP in einer Woche sei, fiel ich aus allen Wolken. Das konnte doch unmöglich ihr Ernst sein? Ich schlug mich nun schon eine Woche mit dem Bruch herum, jetzt sollte ich noch mal so lange auf eine Operation warten und dann nochmal etwa anderthalb Monate Gips tragen? Ich war berufstätig, hatte Aufträge und saß nicht nur zu Hause herum und langweilte mich. Freundlich, aber bestimmend fragte ich die Ärztin, ob nicht doch ein früherer Termin möglich wäre. Anderenfalls würde ich mich nach einem anderem Arzt umsehen. Das wollte sie dann doch nicht. Sie telefonierte kurz und ich bekam mit, wie sie zu ihrem Gesprächspartner sagte, dass ich geistig topfit wäre und man sich mit mir ganz normal unterhalten könnte. Ich säße bloß im Rollstuhl. Na danke aber auch! Auf einmal war am nächsten Tag dann doch noch ein Termin für meine Operation frei.

Ein Unfall, der den Alltag komplett auf den Kopf stellt

Die darauffolgenden Wochen und Tage waren für mich kaum zu ertragen. Ich war noch mehr auf Hilfe angewiesen, als ohnehin schon. Noch nicht einmal den Raum konnte ich ohne fremde Hilfe wechseln. Selbst für so einfache und banale Dingen wie das Aufdrehen der Zahncreme musste ich erst jemanden fragen. Ich liebe es abends ein Buch im Bett zu lesen. Auch das war jetzt nicht mehr möglich. Das Allerschlimmste war aber, dass ich nicht mehr alleine bloggen und arbeiten konnte. Ich bin ein Mensch, der produktiv arbeiten muss, um abends glücklich und zufrieden ins Bett gehen zu können. Ich muss das sehen, was ich am Tag erreicht habe und kann nicht einfach nur da sitzen und Däumchen drehen. Außerdem tat es mir in der Seele weh, den Menschen, die ich liebe, noch mehr abzuverlangen. Natürlich froh darüber, dass meine Familie und Freunde halfen, wo sie nur konnten. Aber es war auch anstrengend – Für sie und für mich. Ich bin es gewohnt meine Texte für den Blog allein in meinem Zimmer zu verfassen. Nur ich und mein iMac, sonst niemand. Nun musste ich jemandem meine Gedankengänge diktieren. Das trieb mich schier in den Wahnsinn, erst recht, wenn die Person dann auch noch ihren Senf dazu abgeben wollte. Zudem bin ich eine Perfektionistin und habe meinen eigenen Kopf. Wenn der, der gerade so freundlich war, mir etwas wegzuräumen, es nicht so getan hat, wie ich es getan hätte, musste ich mich manchmal regelrecht bremsen. Meine Familie und meine Freunde verstanden aber glücklicherweise, dass das ein Ausnahmezustand war und trugen mir nichts nach. Ich war einfach genervt davon, dass ich für jede Kleinigkeit um Hilfe bitten musste und wollte es teilweise auch gar nicht, weil ich nicht noch mehr zu Last fallen wollte – Es war mir einfach peinlich und unangenehm noch mehr auf Hilfe angewiesen zu sein und dann auch noch über einen so langen Zeitraum, der immer noch kein richtiges Ende in Sicht hat. Den Gips bin ich inzwischen zwar los, aber die Hand ist irgendwie immer noch nicht voll einsatzfähig. Noch immer kann ich keine richtige Faust machen. Wenn ich einen Gegenstand aufheben möchte, komme ich mir so unbeholfen dabei vor, als hätte ich mir gerade die Nägel frisch lackiert oder noch besser gesagt: Wie Edward mit den Scherenhänden.

Habt ihr auch schon einmal so etwas Vergleichbares erlebt
und könnt nachvollziehen, wie ich mich in dieser Zeit gefühlt habe?

Ich wünsche euch noch einen schönen Abend!

20 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. etwas vergleichbares habe ich noch nicht erlebt, aber dennoch kann ich mir aus deinen Erzählungen gut vorstellen wie schlimm das ist … mich wirft generell schon jede Erkältung aus dem Leben und als vor ein paar Wochen meine Kamera kaputt gegangen ist, war das für’s Bloggen auch ein Albtraum!

    ich hoffe, dass alles für dich gut geht und du auch die die volle Kraft deiner Hand wiederbekommst!
    alles Liebe und wundervolle Weihnachtstage,
    ❤ Tina

    1. Selbst wenn man erkältet ist, bleibt einiges liegen, was man dann aufholen muss. Wie es dir mit deiner Kamera ging, kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich musste meine Kamera auch schon zur Reparatur geben. Die Zeit, bis sie wieder da war, kam mir endlos lang vor.

      Danke liebe Tina! Ich wünsche dir auch schöne Feiertage!

  2. Jana sagt:

    Ich kann deine Gedanken sehr gut nachvollziehen! Vor gut einem Jahr wollte ich Sonntags los, um noch schnell zwei Looks zu shooten. Vielleicht etwas zu schnell, denn ich bin die Treppe vor unserer Haustür runtergefallen und dabei ziemlich mies umgeknickt. Ich wusste nicht, ob ich über meine eigene Doofheit lachen soll, oder vor Schmerzen weinen. Doch es war keine Zeit lange darüber nachzudenken, die Outfits mussten gemacht werden. Also habe ich schnell meine Tränen abgetupft und bin zum Auto gehumpelt. Irgendwie habe ich es dann noch geschafft die beiden Outfits zu fotografieren, doch am Abend wurden die Schmerzen dann so schlimm, dass ich gar nicht mehr mit dem Fuß auftreten konnte. Zum Glück war nichts gebrochen und nach ein paar Tagen auf Krücken, konnte ich auch wieder laufen. Hätte ich aber direkt meinen Fuß geschont, wäre es vielleicht erst gar nicht so schlimm geworden…

    Ich hoffe auf jeden Fall, dass deine Hand bald wieder vollständig verheilt und einsatzbereit ist.

    Liebe Grüße,
    Jana

  3. Milli sagt:

    Das kann man wirklich nicht anders als als „Super-Gau“ bezeichnen. Ich hatte auch schon mehrere Male einen Gips am Arm aber bin damit zum Glück immer ganz gut zurecht gekommen. Aber schon da merkt man, dass man in manchen Situationen doch Hilfe von seinen Lieben braucht.
    Ich hoffe deiner Hand geht es wieder gut, liebe Grüße, Milli

  4. Hanna sagt:

    Das hört sich wirklich schlimm an! Man ist sich gar nicht bewusst, wie viel man ohne funktionierende Hände nicht machen kann. Mit dem Rollstuhl kommt für dich dann natürlich eine Doppelbelastung dazu. Unmöglich, dass die Ärztin da meinte, wenn du schon im Rollstuhl sitzt, macht eine kaputte Hand ja auch nichts mehr :/

  5. Orange Diamond Blog sagt:

    Hallo Saskia,
    es ist unheimlich, was dir passiert ist! Es gibt nichts Schlimmeres als zu Bangen, was mit einem los ist! Kenne es zu gut, weil ich ab und an eine Sportverletzung habe….ach ja….

    Liebe Sonntagsgrüße!

  6. Anja Schloßmacher sagt:

    Hallo Saskia,
    lass Dich mal drücken. Das war ja nicht so toll und ja ich kenne etwas Ähnliches auch. Ich habe etwas Ähnliches nach der Geburt meiner Großen durchgemacht. Sie war eine Zangengeburt und ich wurde übel geschnitten. Die Naht hatte sich noch im Krankenhaus entzündet und ich hatte tierische Schmerzen. Trotzdem entließen mich die Ärzte, obwohl ich sagte, dass da was nicht stimmte. Ich war damals alleine ohne Partner und dann mit dem Säugling daheim. Die Hebamme sah sich das Ganze an und konnte nicht verstehen, wieso die Ärzte so leichtsinnig sein konnten. Sie schickte mich in eine andere Klinik, dort wurde ich nochmal neu vernäht. Danach wurde es besser, aber die Naht ging wieder auf. 2 Monate später ging ich in eine Spezialklink und wurde nochmals geschnitten und neu genäht und nun endlich war es so wie es sein sollte. Ich hatte dazwischen leider auch noch eine Allergie am ganzen Körper bekommen und außerdem eine Windeldermatitis…das war nicht so lustig…Aber ich habe es überstanden. Liebe Grüße, Anja von Castlemaker.de

    1. Liebe Anja,
      das hört sich schrecklich an. Da hast du ja einiges mitgemacht!
      Ich kann nicht verstehen, wie manche Ärzte auf die Ängste und den Verdacht ihrer Patienten nicht eingehen können. Klar, sie haben studiert und sind darin ausgebildet, aber letztendlich kennt der Patient seinen Körper doch am besten.
      Viele liebe Grüße,
      Saskia-Katharina

  7. Leni sagt:

    Ich habe zum Glück noch nie etwas vergleichbares erlebt. Vor allem das Hin und Her mit den Ärzten hätte mir total zu schaffen gemacht, wie kann man nur so unentschlossen sein?
    Liebe Grüße,
    Leni 🙂

  8. Andrea sagt:

    Ohje das hört sich echt fies an mit diesem Hin und Her… etwas vergleichbares hab ich noch nicht erlebt. Allerdings habe ich mir auch schon erstaunliche Dinge von Ärzten anhören dürfen, leider….

  9. Sarah sagt:

    Es ist wirklich erschreckend was sich manche Ärzte heutzutage erlauben und wie sie reagieren! Wirklich heftig!
    Das klingt wirklich nach einer nervenaufreibenden Zeit!
    Liebe Grüße Sarah <3

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