Allgemein Kolumne

Mut neue Wege zu gehen

Saskia-Katharina Most, Horizont-Blog über den Mut neue Wege zu gehen

Fast sieben Jahre lang saß ich in einem Zug. Angetrieben vom Mainstream und neusten Trends fuhr der Zug tagtäglich an die gleichen Ziele. Die Sachen, die sich als gut herausgestellt haben, wiederholt man nun einmal gerne. In den ersten Jahren habe ich mich damit auch sehr wohl gefühlt. Die Welt der Blogger war für mich absolutes Neuland. Ich wollte bloß nicht anecken. Als Rollstuhlfahrerin war ich ohnehin schon etlichen Vorurteilen ausgesetzt. Über Dinge zu schreiben, bei denen ich bereits gemerkt habe, dass sie auf Interesse stoßen und gut ankommen, gab mir Sicherheit. Hier konnte ich die Reaktionen im Vorfeld einschätzen. Außerdem hieß es immer, dass Blogger sich auf ein Thema konzentrieren müssen. Sich in Schubladen stecken zu lassen, war damals der ultimative Geheimtipp.

Es ist Leidenschaft

Natürlich habe ich es geliebt, über die neusten Beautyprodukte und Fashion-Trends zu berichten. Der Blog entstand schließlich deshalb, weil ich mich genau für diese Dinge interessierte. Hätten es mir die angesagtesten Trends nicht so sehr angetan, hätte ich sicherlich nicht knapp sieben Jahre auf „Horizont – Unendlich viele Möglichkeiten“ darüber geschrieben. Wenn ich es nicht mit Leidenschaft getan hätte, hätte ich mir nicht so viele Beautyprodukte gekauft, die ich im Endeffekt gar nicht gebraucht habe. Ich hätte die Umverpackung von neuen Beautyprodukten nicht bis ins kleinste Detail beschrieben, wenn ich nicht voller Enthusiasmus dabei gewesen wäre. Meine Outfits hätte ich im Winter nicht ohne Jacke draußen fotografiert, wenn ich es nicht mit Hingabe getan hätte. Und schon gar nicht hätte ich mein Outfit kurz nach einem Sturz aus dem Rollstuhl fotografieren lassen, wenn es nicht absolute Liebe gewesen wäre.

Man entwickelt sich weiter

Mit der Zeit entwickelt man sich aber weiter. Man wird erwachsen und setzt andere Prioritäten. Ich bin selbstbewusster geworden. Mir ist es nicht mehr ganz so wichtig jeden Tag geschminkt zu sein. Manchmal gehe ich sogar ungeschminkt aus dem Haus oder zeige mich ohne Make-Up vor der Kamera. Dass das einmal so sein wird, war mir von Anfang an klar. Ich war mir aber auch sicher, dass ich es lieben würde über Dinge zu schreiben, die mir wichtig sind und die mich beschäftigen. Aus diesem Grund entschied ich mich damals ganz bewusst für den Namen „Horizont – Unendlich viele Möglichkeiten“. Natürlich hätte ich meinen Blog auch „Saskia-Katharinas Schminkecke“ nennen können. Das hätte zu der damaligen Zeit sogar wesentlich besser gepasst. In dem was ich tue, wollte ich mich aber nie in eine Schublade stecken oder so sehr einschränken lassen.

Saskia-Katharina Most, Horizont-Blog über den Mut neue Wege zu gehen

Ich bin so viel mehr als das

Ich bin so viel mehr als die modebewusste Bloggerin im Rollstuhl, die sich für Kosmetik interessiert. Ich bin eine selbstbewusste junge Frau, die lernen musste, aus den Steinen, die ihr andere in den Weg gelegt haben, keine Mauer, sondern eine Brücke zu bauen. Ich bin die Frau, die man gerne unterschätzt, weil sie auf den Rollstuhl angewiesen ist. Ich bin die, die gelernt hat, dass man Vertrauen nicht einfach so verschenken sollte. Ich bin aber auch die, die möchte, dass es allen gut geht und die, die sich über alles und jeden den Kopf zerbricht. Genauso wie ich die Frau bin, die früher schon kein Rockkonzert ausgelassen hat und die heute immer noch gerne auf Konzerte geht. Ich bin die, die gerne liest oder Hörbuch hört. Ich bin es, die so viel Fantasie hat, dass sie gemeinsam mit ihren besten Freundinnen eine ganze Welt voller Magie erschaffen hat. Ich bin die, die gerade einen Roman schreibt. Ich bin es, die gerne Zeit mit ihrer Familie und ihren Freunden verbringt, aber nicht spontan ist. Gleichzeitig würde ich aber auch alles stehen und liegen lassen, um mit meinem Patenkind und meiner Nichte ins Kino zu gehen oder Zeit mit meinem Opa zu verbringen. Ich bin die Rollstuhlfahrerin, die Inklusion bereits seit Jahren lebt, ohne andauernd davon sprechen zu müssen. Und natürlich ist ein Teil von mir auch noch die Bloggerin, die sich für Beauty und Fashion interessiert.

Ballast abwerfen

Es gab eine Zeit, in der ich mich ausgebremst gefühlt habe. Obwohl ich mit Höchstgeschwindigkeit fuhr, hatte ich den Eindruck nur in Schrittgeschwindigkeit voranzukommen. Als hätte man die Weichen so eingestellt, dass ich nur im Kreis fahren konnte. Völlig aussichtslos irgendjemanden zu erreichen. Es dauerte bis ich überhaupt den Mut hatte aus diesem Zug auszusteigen. Zurückblickend kann ich aber wirklich froh sein, dass der Zug ins Wanken geriet. Anderenfalls hätte ich mich vielleicht nie nach einer anderen Möglichkeit umgesehen. Nun habe ich das Gefühl, dass mein Blog zu Hundert Prozent mir gehört. Ich fühle mich befreit, so als hätte ich Ballast abgeworfen, und bin darüber überglücklich. Endlich kann ich Vollgas geben und mich entfalten. Ich kann es kaum noch erwarten, euch so viel mehr von mir zu zeigen.

34 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Patrick sagt:

    Hey liebe Saskia,

    herzlichen Glückwunsch zu deinem neuen Blog-Design, es ist wunderschön und passt zu dir!

    Mich hat dein Artikel sehr bewegt. „Ballast abwerfen“ ist eine gute Sache.
    Wann immer ich mich weiter entwickele und einen Sprung nach vorne schaffe, schaue ich auch gerne zurück und besinne mich darauf, wer und was mich auf meinem Weg nach vorne gebracht hat. Ich finde, es ist sehr wichtig zu wissen, woher man kommt und wer man ist. Sonst verliert man im Lauf der Zeit an Glaubwürdigkeit.

    Ich freue mich, dass ich dir auf deinem Weg habe helfen dürfen und wünsche dir alles Gute!

    Liebe Grüße
    Patrick

  2. Claudia sagt:

    Liebe Saskia,

    schön, dass Du Dich nicht auf etwas reduzieren lassen möchtest, das nicht Deine ganze Persönlichkeit umfasst. Wichtig ist, dass Du Dich mit dem wohlfühlst, was Du tust. Du wirst Deinen Weg schon finden 🙂

    Ein Roman ist ein spannendes Projekt, ich wünsche Dir viel Spaß und Erfolg dabei :-).

    Liebe Grüße

    Claudia

  3. Alex sagt:

    Das hast du wirklich schön geschrieben. Ich kann das Gefühl gut nachvollziehen, denn ich kenne es selbst auch – im Kreis drehen, nicht weiterkommen. Da hast du mit dem Zug eine wirklich schöne und passende Metapher gefunden! 🙂

  4. Marie sagt:

    Dein Blog-Design gefällt mir richtig gut und dein Text ist so schön und treffend geschrieben. Hinter jedem Blog steckt so viel Arbeit und auch Emotionen, die auf dem ersten Blick nicht sichtbar sind. Stillstand ist langweilig, aber man braucht auch immer Mut zu Neuem! Alles Liebe Marie

  5. Ricarda sagt:

    Ein toller Beitrag voller Stärke und Tiefe! Ich finde es gut, dass du dich nicht in eine Schublade stecken lassen willst, warum auch?! Das ist dein Blog, du kannst tun und lassen, was du willst und das ist fantastisch!

    Mach weiter so und ich freue mich auf alles, was du noch veröffentlichen wirst!

    Ganz liebe Grüße,
    Ricarda von CATS & DOGS

  6. Das hast du sehr schön geschrieben! Und ich denke auch wir entwickeln uns alle weiter, sollten uns nicht in Schubladen stecken lassen und über das schreiben was einen interessiert. Ich habe mich auch vom Beautyblog weiter entwickelt, weil ich gemerkt habe, dass meine Interessen inzwischen anders gelagert sind.

    Liebe Grüße,
    Diana

  7. FiosWelt sagt:

    Ich finde es toll, dass der Rollstuhl kein Handycap ist und du dich trotzdem stark fühlst. Es ist heutzutage so wichtig selbstbewusst zu sein. Ich merke auch wie ich mich über die Zeit veränder. Jetzt gerade bin ich wieder schwanger und der der Fokus ändert sich sofort wieder. Ein sehr schöner Post!

    Liebe Grüße
    Fio

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